Baukultur geht jeden etwas an: Die gebaute Umwelt begleitet uns alle tagtäglich. Selbstverständlich sind Architekten und Stadtplaner die ersten Denker und Akteure bei der Gestaltung unserer Städte. Die Menschen aber, die sie jeden Tag erleben, begehen und erfahren, machen sie lebendig.
Es ist die Aufgabe von Planern, Baukultur zu denken und zu schaffen. Orte zu inszenieren, die spürbar sind, sich gut anfühlen und Wohlgefühl schaffen.
Baukultur entsteht letztlich im Zusammenspiel von gebauter Umwelt und ihren Nutzern.
Wovon sprechen wir?
Die eine Definition von Baukultur gibt es eigentlich gar nicht. Sie sei Produkt und Ausdruck der Gesellschaft, sagen die einen. Vielmehr sei sie ein maßgeblicher Standort- und Wirtschaftsfaktor, konstatieren die anderen. Einig sind sich alle Definitionsströmungen darin, dass sie etwas durchweg Positives ist. Sie verbessert das Lebensumfeld, schafft einen ansehnlichen Mehrwert und dient dem Streben nach gesteigerter Qualität der gebauten Umwelt.
Beim Denken an Baukultur ist es wichtig, jede Scheu abzulegen. Die Furcht, man sei „nicht Experte genug“, um etwas dazu zu sagen, sorgt für eine Entfremdung des Begriffs.
Was uns fehlt, ist eine echte Auseinandersetzung über Baukultur. Die Ursache dafür liegt aber nicht im mangelnden Interesse. Nie wurde so viel über Stadt und Architektur geschrieben wie heute. Aber nur selten geht es um das, was wirklich alle angeht, sondern um Sensationen (…) (Tim Rieniets für Bundesstiftung Baukultur)
Mit Sensationen meint Tim Rieniets beispielsweise das Wirken von Stararchitekten. Baukultur geht jedoch über Diskussionen auf dieser Ebene hinaus: Dass sie jeden betrifft, meint das Aufgreifen von Debatten etwa über steigende Wohnungspreise demnach ebenso wie über die Herkunft und Entstehung verwendeter Baumaterialien.
Baukultur in der urbanen Umwelt
Kann man Baukultur eigentlich sehen? In erster Instanz: ja. Die architektonische Gestaltung und Anordnung der stadtbildenden Gebäude schafft Räume und Perspektiven, die Menschen beeinflussen. Im Sinne positiv gedachter Baukultur sprechen wir dann von der Abschaffung von Angsträumen, von Gebäudeansichten, die zur Stimmung in Straßenzügen beitragen und Infrastruktur, die in schlüssiger Weise leitet anstatt zu verwirren. Wenn wir Baukultur sehen, dann nehmen wir deutlich den Begriff „Kultur“ wahr. Das sind in Hamburg beispielsweise die prägenden Klinkerbauten, die in ihrer roten Heimeligkeit sagen: Du bist in Hamburg, so ist diese Stadt.
In zweiter Instanz handelt es sich nicht um einen fest konnotierten und sofort greifbaren Begriff. Er meint Entwicklung, Geschichte, Einflussnahme – aber auch Kunst am Bau, die so vielfältig ist wie der Kunstbegriff. Sie ist sicherlich mitunter auch eine Haltung, etwa die der Bewohner zu ihrer gebauten Umwelt. Ist zum Beispiel ein Graffitikünstler jemand, der Gebäude verschandelt oder jemand, der sie zum Teil seiner Lebenswirklichkeit macht? Ist seine Form der Interaktion mit umgebender Architektur wirklich negativer zu bewerten als die eines Anwohners, der Blumen im öffentlichen Raum pflanzt?