Architekt, Architekturtheoretiker und Pritzker-Preisträger: Der ehemalige Journalist Rem Koolhaas birgt viele Facetten in sich. Als Architekt ist er bekannt dafür, große („XL“-) Gebäude zu entwerfen. Als Theoretiker und Analyst macht er durch seine kritischen Auseinandersetzungen mit der Wirkung von Stadtbildern auf Menschen von sich reden.
Die erste berufliche Station des 1944 in den Niederlanden Geborenen war keinesfalls ein Architekturbüro. Stattdessen war er bis 1960 Journalist bei dem Wochenmagazin Haagse Post. Das erklärt seinen Hang zum Schreiben, dem er auch in seiner daran anschließenden Tätigkeit als Drehbuchautor nachging. Nun liegt es nahe, seinen architektonischen Hang zur Dramaturgie und dem immer wiederkehrenden unbedingten Erzeugen von Spannung darauf zurückzuführen. Für Koolhaas war sein beruflicher Werdegang kein Umweg – Architektur sei für ihn auch eine Art der Erzählung.
Architekturstudium in London und Fellowship in New York
Daher ist sein Entschluss, selbst Architekt zu werden, nur folgerichtig. Er studierte an der Londoner Architectural Association School of Architecture und stach bereits damals durch seine ungewöhnlich innovativen Ideen hervor. Diese verhalfen ihm zu einem Harkness Fellowship, das ihm ermöglichte, sein Studium in New York, am Institute for Architecture and Urban Studies fortzusetzen. Hier traf er auf seine Lehrmeister, den deutschen Architekten Oswald Mathias Ungers, sowie den US-Amerikaner Peter Eisenman.
Architekturtheoretische Schriften
Nicht nur der Einfluss seiner Lehrer, sondern vor allem das urbane Umfeld New Yorks fesselten Rem Koolhaas. Seine Faszination inspirierte ihn zum Schreiben seines Klassikers „Delirious New York: Ein retroaktives Manifest für Manhatten“, das er 1978 herausbrachte. In der Schrift plädiert Koolhaas dafür, dass die Architektur einen erheblichen Einfluss auf das Entstehen einer Kultur hat. Dieses Buch war das erste in einer Reihe von Publikationen, in denen Koolhaas sich intensiv mit Urbanismus auseinandersetzt. Eine weitere bekannte architekturtheoretische Arbeit von Rem Koolhaas ist das Essay „Die Stadt ohne Eigenschaften“. Dieser setzt sich mit zunehmendem urbanen Identitätsverlust durch gesichtslose Architektur auseinander. Ferner stellt er die Frage, ob diese „Neue Gesichtslosigkeit“ nicht auch Vorteile in sich birgt?
Gründung des Office for Metropolitan Architecture (OMA)
Die Architekturtheorie ist also ein grundlegender Bestandteil von Koolhaas` Schaffen. Nichts desto trotz ist er vor allem ein Architekt. Sein 1975 gegründetes Office for Metropolitan Architecture (OMA) spiegelt in seinem Portfolio die zwei Schwerpunkte wider. Es praktiziert Architektur von Weltrang, befasst sich überdies jedoch mit Urbanismus und Kulturanalyse. Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage hat das Büro sich zum Ziel gesetzt, für seine Gebäude und Masterpläne stets die Möglichkeit neuer Lösungen auszuschöpfen. Der Gegenpart zu OMA nennt sich AMO. Dieser „Thinktank“ befasst sich mit Bereichen, die teils über die traditionellen Grenzen der Architektur hinausgehen: etwa Medien, Politik, Soziologie oder Mode. Dennoch arbeiten beide Teile zusammen, wie etwa für Prada. Hier unterstützten die Erkenntnisse von AMO das Modelabel dabei, das Design seiner Flagstores zu optimieren.