Monatsarchiv: September 2017

Friedensreich Hundertwasser: Ein genialer und zugleich umstrittener Architekt

  • Von Jesco Puluj
  • Veröffentlicht 13. September 2017
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Ein Kitschier, ein „Behübscher“, ein Muntermacher sei er gewesen, dieser Friedensreich Hundertwasser. Doch wer war der streitbare Künstler und Architekt wirklich?

Wer war der Architekt Friedensreich Hundertwasser?

Friedensreich Hundertwasser wurde am 15. Dezember 1928 in Wien geboren. Sein bürgerlicher Name lautete Friedrich Stowasser. In slawischen Sprachen bedeutet „sto“ auf Deutsch übersetzt „hundert“, woraus sich sein Künstlername, der vollständig Friedensreich Regentag Dunkelbunt Hundertwasser lautete, ergab. Der im Jahr 2000 verstorbene österreichische Künstler und Architekt war dafür bekannt, mit seinen (architektonischen) Werken zu polarisieren. Er galt Zeit seines Lebens als ein Gegner jeglicher Standardisierung und der geraden Linie. So zeichnen sich seine Arbeiten im Bereich der Architektur durch Individualität und eine verspielte und fantasievolle Lebendigkeit aus.

Ein streitbarer Visionär

Zwiebeltürme in den verschiedensten Farben waren eines der architektonischen Markenzeichen von Friedensreich Hundertwasser. Während beinahe alle renommierten Architekten bis heute die zum Teil absurd gekurvten Formen von Hundertwasser ablehnen, genießen doch gerade diese bei einem Großteil der Bevölkerung enorme Popularität. So haben die architektonischen Werke für den Architekten Rob Krier aus Luxemburg lediglich „Wald- und Wiesen-, wenn nicht Schrebergartenqualität“ – auch wenn sie noch so heimelig und nett anzusehen seien.

Wie man sieht: Friedensreich Hundertwasser polarisierte gerne und erfolgreich. Um seine eigenwilligen architektonischen Ansichten zu rechtfertigen, sei an dieser Stelle zu seiner Verteidigung gesagt: Er selbst bezeichnete die Benutzung eines Lineals in der Architektur als Verbrechen. Nichts anderes war in seinem im Jahr 1958 veröffentlichten „Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur“ zu lesen. Für ihn waren gerade Linien unmoralisch und gottlos. Eine gerade Linie sei nicht schöpferisch, sondern real produktiv. Hundertwasser formulierte wörtlich: „In ihr wohnt weniger Gott und menschlicher Geist, als vielmehr die bequemheitslüsterne, gehirnlose Massenameise“.

Dieser eigenen Aussage blieb er bis zu seinem Tod in all seinen architektonischen Werken treu.

Beispiele für die Architektur von Friedensreich Hundertwasser

Insgesamt gehen etwa 40 Bauwerke auf das Konto des Architekten Friedensreich Hundertwasser, die rund um den Globus verteilt sind. So befinden sich Bauwerke aus der Feder von Hundertwasser nicht nur in Deutschland oder Österreich, sondern auch im fernen Israel, Japan, den USA, der Schweiz und sogar Neuseeland. Die von ihm erschaffenen Häuser werden im Volksmund gerne auch als „Hundertwasserhaus“ bezeichnet. Allen Häusern gemeinsam sind asymmetrische Formen sowie eine bunte Fassade. Auch eine Begrünung setzte er bei vielen Bauwerken um und schuf damit kleine Naturoasen mitten in grauen Stadtzentren.

Vorwiegend war Friedensreich Hundertwasser kein Architekt, sondern Maler. Dennoch interessierte er sich seit den 1950er Jahren für Architektur. Sein Credo war eine menschen- und naturgerechte Bauweise. Anonyme Plattenbausiedlungen waren ihm ein Dorn im Auge. Als Gegenentwurf hierzu entwarf er in den 1970er Jahren erstmals architektonische Modelle. Sein Interesse an Architektur brachte ihm Anfang der 1980er Jahre einen ersten Auftrag von Seiten der Stadt Wien ein. Die Umsetzung dieser Wohnhausanlage sollte nicht nur ein Meilenstein im Leben von Friedensreich Hundertwasser werden, sondern ebenso ein Meilenstein für die Architektur der damaligen Zeit.

Das Hundertwasserhaus in Wien: Der Durchbruch als Architekt

 

Diese Wohnhausanlage der Gemeinde Wien befindet sich im 3. Wiener Gemeindebezirk an der Ecke Kegelgasse 34-38 und Löwengasse 41-43. Das gesamte Gebäude besticht bereits von weitem aufgrund seiner bunten Fassade und der üppigen Vegetation auf dem Dach. Tatsächlich wurden während der Bauzeit zwischen 1983 und 1985 etwa 250 Sträucher und Bäume auf dem Dach der Anlage gepflanzt. Heute, also etwa 30 Jahre später, sind diese zu stattlichen Bäumen herangewachsen und bilden einen echten Park auf den Dächern der Anlage.

Optisch folgt das gesamte Anwesen nicht den damals und heute üblichen Normen der Architektur. Erschaffen wurde diese Anlage zwar von Friedensreich Hundertwasser, die Vorbilder hierfür sind jedoch deutlich ablesbar. So ließ sich der Architekt Hundertwasser unter anderem von Antoni Gaudi inspirieren.

Im Haus selbst sind vier Geschäftslokale und 52 Wohnungen sowie drei gemeinschaftliche und 16 private Dachterrassen untergebracht. Alle Wohnungen und Geschäftslokale sind bis heute bewohnt bzw. vermietet.

Das ungewöhnliche und bunte Haus zog weltweit ein enormes Medienecho nach sich. Nicht nur aufgrund seiner bunten Fassade, sondern auch durch die unebenen Böden in den Gangbereichen sowie die üppige Begrünung ist dies sicherlich auch nicht weiter verwunderlich. Bis heute zählt dieses Hundertwasserhaus zu den am meisten fotografierten touristischen Sehenswürdigkeiten in Wien.

Die Wald-Spirale von Darmstadt

Eines der letzten architektonischen Werke von Friedensreich Hundertwasser befindet sich im Bürgerparkviertel, in der Friedberger Straße / Bad Nauheimer Straße in Darmstadt. Hundertwasser wurde vom Bauverein Darmstadt damit beauftragt, ein Gebäude mit über 100 Wohneinheiten im Bürgerparkviertel zu entwerfen. Hundertwasser bebaute das Grundstück in einer bewaldeten und ansteigenden Form, die an eine Spirale erinnert. Besonders markant an dem Gebäude ist ein über 40 Meter hoher Turm, der zwölf Stockwerke beinhaltet. Die bunten Fassaden sah Friedensreich Hundertwasser als Metapher für die Sedimente der Erde, die sich im Laufe von mehreren Millionen Jahren gebildet haben.

Die Waldspriale, Quelle: Wikimedia, Autor: Heidas, Lizenz: CC 3.0

 

Porträt von Hundertwasser von Hannes Grobe

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