Energetische Sanierung von Baudenkmalen

Baudenkmale sind Zeugen der Geschichte. Sie prägen das Gesicht unserer Städte und ihre Dauerhaftigkeit versetzt uns in Erstaunen. Die vom Zahn der Zeit gebogenen Linien und das uralte Holzfachwerk besitzen ganz besonderen Charme. Doch sentimentale Anmutung hin oder her: Wohnen möchte kaum jemand in einem Gebäude, das energetisch so wenig auf der Höhe der Zeit ist. Fenster mit Einfachverglasung oder ungedämmte Gebäudehüllen machen Denkmale als Wohnraum inakzeptabel. Neben dem mangelnden Komfort ist ein so großer Energieverlust schlichtweg teuer.

Baudenkmal Frechen | CC | © Tohma

Baudenkmal Frechen | Wikimedia Commons | © Tohma

Doch mit dem Abriss von Baudenkmalen ginge ein Stück Geschichte unwiederbringlich verloren. Um diesen Schritt zu vermeiden, engagieren sich Initiativen, die den Erhalt und die energetische Sanierung der alten Gebäude verfolgen. Zudem haben sich sowohl einige Architekten als auch Immobilienunternehmen auf den Sektor „Baudenkmal“ spezialisiert. Dass der Erhalt von Baudenkmalen von großem öffentlichen Interesse ist, belegt auch die besondere Fördermöglichkeit der KfW für ihre energetische Sanierung.

Was ist ein Baudenkmal?

Welches Gebäude als Baudenkmal gilt, ist in Gesetzestexten festgehalten. Die Denkmalschutzgesetze der Länder definieren Baudenkmale als Immobilien, an deren Erhalt ein öffentliches Interesse besteht. Dieses Interesse kann aufgrund architektonischer Merkmale gegeben sein, aber auch aus historischen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Gründen. Wenn die zuständige Denkmalbehörde dieses Interesse feststellt, stellt sie das betreffende Baudenkmal unter Denkmalschutz. Dieser dient der dauerhaften Erhaltung des betreffenden Denkmals. (vgl. §2 Abs. 1 DSchG)

So passen Denkmalschutz und energetische Sanierung zusammen

Außenwand mit Vorsatzschale | CC | © Mok9

Außenwand mit Vorsatzschale | CC | © Mok9

Es ist im ersten Moment nicht ganz einfach, Denkmalschutz und den großen Eingriff, der eine energetische Sanierung nun einmal ist, zugleich zu denken. Dennoch ist dieser Spagat beim zweiten Hinschauen gar nicht so groß: Die Grundsätze von Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit sind sogar im gesetzlichen Auftrag des Denkmalschutzes verankert. Demnach hat von den Zielen Denkmal- und Umweltschutz keines grundsätzlich Vorrang. Vielmehr wird von allen am Bau Beteiligten erwartet, dass die Verbesserung der energetischen Effizienz nicht zum Verlust des Denkmalstatus führt. Kreative Lösungen und Kompromisse sind daher in diesem Bausektor notwendig und meistens zulässig.

Ökologisch einwandfreie Baustoffe: bei Baudenkmalen Standard

Gemäß der Vereinigung der Landesdenkmalämter (VdL) wurden die in der Regel alten Baudenkmale bis ins frühe 20. Jahrhundert aus nachhaltigen Materialien errichtet. Holz, Stroh, Lehm oder Sandstein sind bis heute unter Einsatz von nur sehr wenig grauer Energie regional zu beziehen. Weiterhin können Bauteile aus diesen Materialien mit handwerklichen Methoden repariert werden. Was die energetische Sanierung eines Baudenkmals von der eines nicht denkmalgeschützten Gebäudes unterscheidet, ist die Zielsetzung. So orientieren sich die baulichen Maßnahmen an den in der EnEV (Energieeinsparverordnung) festgelegten Grenzwerten. Bei Baudenkmalen hingegen ist die Rede von energetischer Ertüchtigung im Rahmen von Substanzerhalt und Fortbestand des Gebäudes. Diesem Kompromiss ist es geschuldet, dass ein saniertes Baudenkmal möglicherweise nicht die energetischen „Bestwerte“ erreichen kann. Für Baudenkmale muss/kann daher auch kein Energieausweis vorgelegt werden.

Baudenkmale sanieren: genaue und individuelle Planung

Eine gründliche Planung von Sanierungen bestehender Gebäude ist in jedem Fall angebracht. Die Besonderheit im Fall von Baudenkmalen ist die unverzichtbare Einbindung von Experten, die Erfahrung in der Denkmalpflege mitbringen. Vom Architekten über Energieberater bis zu den ausführenden Handwerkern: Für eine erfolgreiche und maßvolle Sanierung muss jeder von ihnen über spezielle Kenntnisse verfügen. So sind an Denkmalen Reparaturen – idealerweise mit baugleichen Materialien – immer dem Austausch vorzuziehen. Hinsichtlich energetischer Ertüchtigung ist es zum Beispiel möglich, der vorhandenen Bausubstanz neue hinzuzufügen. Alle Maßnahmen sowie die verwendeten Materialien müssen genau dokumentiert werden. Im Zweifel hat die jeweils zuständige Denkmalschutzbehörde das letzte Wort.

Beispiele für energetische Sanierungen an Baudenkmalen

Im Rahmen des Hamburger Architektursommers 2015 stellte die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger gelungene Umsetzungen der energetischen Ertüchtigung von Denkmalen vor. Aus dieser Auswahl stammen die folgenden Beispiele.

Ehemaliges Amerikanisches Generalkonsulat Bremen

Das 1954 in Bremen errichtete Gebäude steht seit 1994 unter Denkmalschutz. Der Stahlskelettbau wird von Stelzen getragen und ist geprägt durch einen einfachen Grundriss und die klare Formensprache. Hervorzuheben sind zudem die „fragil wirkenden Fensterprofile“.

Ehemaliges Amerikanisches Generalkonsulat | CC | © Till F. Teenck

Ehemaliges Amerikanisches Generalkonsulat | CC | © Till F. Teenck

Nachdem das Generalkonsulat Ende der 1980er-Jahre ausgezogen war, nutzten mehrere Firmen die Räumlichkeiten als Verwaltungssitz. Deren Mitarbeiter hatten jedoch mit den klimatischen Problemen des alten Gebäudes zu kämpfen. So fiel die Entscheidung für eine energetische Ertüchtigung. Im Zuge der Vorbereitungen der Sanierung stand die Sorge im Raum, dass die irreparablen Fenster- und Fassadenelemente ihre filigranen Eigenschaften verlieren könnten. Dem beauftragten Architekturbüro Gruppe GME gelang es jedoch, den Gesamteindruck des Gebäudes durch folgende Maßnahmen zu bewahren:

  • Entwickeln neuer Fassadenelemente, die EnEV-Anforderungen genügen und mit einer
    Ansichtsbreite der Pfosten von 25 mm dem Original entsprechen
  • Dämmen der Brüstungsfelder
  • Erneuern von Travertin-Platten in erforderlicher Stärke
  • Innendämmung an den Wänden der Schmalseiten unter Erhalt der bauzeitlichen Fassadenplatten
  • Eindämmung der Kondensatgefahr durch geschicktes Verlegen von Heizleitungen
  • Abstufung des Flachdach-Dämmpaketes in Attikabereiche, um die schmale Fassadenkante zu erhalten
  • Entwickeln einer Verschattungsanlage, die sich in das Gesamtbild einfügt

Das Beispiel des ehemaligen amerikanischen Generalkonsulates zeigt, dass auch eine energetische Sanierung der als schwierig geltenden Nachkriegsbauten machbar ist.

Kaispeicher B in Hamburg | Maritimes Museum

Das Hamburger Gebäude blickt auf eine lange Geschichte zurück. Es wurde 1878/79, ungefähr zehn Jahre vor der Speicherstadt, im neugotischen Backsteingotik-Stil gebaut. Seinen Namen erhielt der Kaispeicher B, nachdem die Stadt Hamburg in 1890 gekauft hatte. Der östliche Speicherboden umfasst neun, der westliche acht Böden. Der daraus resultierende Höhenversprung ist charakteristisch für das Gebäude.

Kaispeicher B | GNU | © Mbdortmund

Kaispeicher B | GNU | © Mbdortmund

Im Jahre 2008 stand die Eröffnung des Speichers als maritimes Museum und damit seine energetische Ertüchtigung an. Für das denkmalpflegerische Konzept war es wichtig, historische Oberflächen zu erhalten und durch Lichthöfe die einzelnen Speicherböden sowie den Höhenversprung erfahrbar zu machen.
Im Detail wurden folgende Maßnahmen getroffen:

  • Konzept der Strahlungsheizungstechnik als wesentliches Element
  • Fenster als undichte Konstruktionen, sog. „Klimafenster“: Durch einen Schlitz im oberen Bereich des inneren Fensters fällt vorgewärmte Frischluft in den Innenraum
  • Der so entstehende Unterdruck der aufsteigenden erwärmten Luft reicht aus, um Frischluft von draußen „anzusaugen“

Fazit

Die energetische Sanierung von Baudenkmalen ist eine spannende Aufgabe für Architekten, die sich spezialisieren möchten. In diesem Segment ist die Auseinandersetzung mit historischem Städtebau, Architekturgeschichte und Baustoffen noch existenzieller als in anderen architektonischen Disziplinen. Hier konnte nur ein sehr kleiner Teil der Denkmalsanierung abgebildet werden.

Unter folgenden Links erfahren Sie mehr:

 

von Gina Doormann

Kommentare

Von Emmi Veröffentlicht 26. September 2018 13:38 Reply

Baudenkmäler sind ein besonderes Feld. Gerade bei den Ämtern muss man als Bauherr darauf achten, dass man alles einhält. Gibt es denn ein bestimmtes Alter, das als gesichert gilt, ab dem ein Haus unter den Denkmalschutz fällt?

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