Barrierefreies Bauen

  • Von Gina Doormann
  • Veröffentlicht 25. November 2015
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Architekten entwerfen nicht einfach Häuser – mit den von ihnen geplanten Bauten gestalten sie unsere Umwelt und leisten so einen Beitrag zur Gesellschaft. Die Stadt wird mehr und mehr als eine Erweiterung der eigenen Wohnung wahrgenommen. Dieses Empfinden unterstreicht die Bedeutung der sinnvollen und angenehmen Gestaltung des städtischen Raums. Architekten, die bei der Planung umsichtig vorgehen, und Grundlagen beachten, die barrierefreies Bauen vorgibt, beachten hierbei die Bedürfnisse aller „Bewohner“. So erleichtern angepasste horizontale sowie vertikale Erschließungskonzepte mobilitätseingeschränkten Personen die Teilhabe am öffentlichen Raum erheblich.

Neben dem Anpassen des öffentlichen Raums ist Barrierefreiheit natürlich auch im privaten Wohnbereich ein großes Thema. Nicht nur der demografische Wandel mit seiner alternden Gesellschaft gibt Anlass zum Umdenken: Bereits 2013 lebten laut Statistischem Bundesamt rund 7,5 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland. Etwa ein Drittel der Schwerbehinderten gehörten zur Altersgruppe der über 75-Jährigen.

Barrierefreies Bauen erleichtert die Teilhabe an der Gesellschaft

Was auch immer der Grund für die Einschränkungen sein mag – Jeder hat das Recht, so selbstbestimmt wie möglich zu wohnen und an der Gesellschaft teilzuhaben. Das sieht auch der Gesetzgeber so und hat die Grundlagen für Barrierefreies Bauen detailliert geregelt. Sozialrecht, Baurecht und nicht zuletzt das Grundgesetz legen die Anforderungen des barrierefreien Bauens fest.

[Bild: Pärchen Hand in Hand Rollstuhlfahrerin und Fußgänger, fotolia.de #82014130 | BU: Teilhabe an der Gesellschaft]

Die Grundlagen für das barrierefreie Bauen basieren auf Artikel 3, Abs. 3, Satz 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:

Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Eine Definition von Barrierefreiheit liefert das Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen in Artikel 4:

Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.

Maßgebliche Norm für planende Architekten im Bereich barrierefreies Bauen

Die Norm, die planenden Architekten im Detail Auskunft gibt, ist die DIN 18040-1:2010-10 Barrierefreies Bauen – Planungsgrundlagen. Die einzelnen Unterkapitel gehen beispielsweise auf die Bedingungen für öffentlich unzugängliche Gebäude, Wohnungen, Treppen oder Kindertagesstätten ein.

Barrierefreiheit: nicht nur mit Behinderung notwendig

Zwar ist des Öfteren die Rede von „behindertengerechtem Bauen“. Dennoch sind es nicht nur gesundheitlich bedingt mobilitätseingeschränkte Menschen, die auf ein gut zugängliches Umfeld angewiesen sind. Ebenso behindern das Tragen schwerer Dinge oder das Schieben von Kinderwagen das Vorankommen in einer nicht barrierefreien Umgebung erheblich. Daher ist darüber nachzudenken, ob die alternativen Bezeichnungen „Bauen für Alle“ oder „menschengerechtes Bauen“ möglicherweise ebenbürtige Ausdrücke sein könnten.

Neben dem Weglassen von Stufen, dem Einplanen breiter Türen sowie dem Vorsehen von Aufzügen gibt es noch weitere Aspekte, die es beim Gestalten barrierearmer Räume zu beachten gilt. So ist auch die Orientierung für Gehör- oder Seheingeschränkte sicherzustellen.

Klare und intuitive Gestaltung unterstützt die Orientierung im öffentlichen Raum

Visuelle und taktile Orientierung sorgen dafür, Umgebungen für Jeden erschließbar zu machen. Zu einer guten visuellen Orientierung trägt beispielsweise Kontrastreichtum in der baulichen Umwelt bei. Kontraste spielen daher auch bei der taktilen Orientierung eine Rolle. So sind zum Beispiel bewusst gerippte Platten an Fußgängerüberwegen ein wichtiges Zeichen für Sehbehinderte, das sie mit dem Langstock ertasten können. Rasenkanten oder kontrastreiche Bodenstrukturen können überdies als Leitlinien dienen. Sie markieren Wege und zugleich Begrenzungen auf ansonsten zu weitläufigen Flächen.

Barrierefreiheit im Eigenheim

Was zunächst selbstverständlich erscheint, ist erst allmählich auf dem Vormarsch: Barrierefreiheit in den eigenen vier Wänden. Die Eckpunkte der Barrierelosigkeit zu beachten, ist nicht nur unmittelbar für den Alltag der Bewohner wichtig. Eine wichtige Rolle spielt zudem der Bezug von Fördergeldern für den barrierearmen Umbau. Wer aktuell eine barrierearme Wohnumgebung benötigt oder für die Bedürfnisse im Alter vorsorgen möchte, hat gute Aussichten, von der KfW gefördert zu werden. Auch die Länder sowie Verbände und einige Versicherungen bieten Betroffenen verschiedene Möglichkeiten der finanziellen Förderung an. Die Seite Barrierefrei.de hat eine Liste mit Anbietern zusammengestellt.

Was macht barrierefreien Wohnraum aus?

Die Vorgaben für barrierefreies Wohnen richten sich grundsätzlich nach den Anforderungen von Rollstuhlfahrern. Sie benötigen in jedem Fall ebene Wege, niedrige Höhen sowie Wendemöglichkeiten. Eventuell vorhandene Treppen müssen anderweitig mit adäquaten Hilfsmitteln überwunden werden können.

[Bild: Rollstuhlrampe fotolia.de #85099171 | BU: Rollstuhlrampe © fotolia.de]

Barrierefreies Wohnen beginnt bereits im Eingangsbereich. So ist eine feste und schwellenlose Zuwegung der erste Faktor. Die Eingangstür sollte über eine Rampe mit einer maximalen Steigung von sechs Prozent und einer maximalen Länge von sechs Metern erreichbar sein. Darauf folgt die Eingangstür: Leichtes Öffnen und ausreichender Raum für Rollstuhlfahrer (150 mal 150 Zentimeter) sind Pflicht. Klingel, Lichtschalter und ggf. Türöffner sollten sich in einer für Rollstuhlfahrer gut erreichbaren Höhe befinden.

Dies sind ein paar wichtige Maße:

  • Vor und hinter der Haustür: 150 mal 150 Zentimeter
  • Höhe von Klingel, Lichtschaltern, etc: 85 Zentimeter
  • Höhe Handlauf: 80 bis 90 Zentimeter
  • Stärke Handlauf: ca. vier Zentimeter
  • Mindestbreite Flur: 120 Zentimeter
  • Breite von Türen und Durchgängen: mindestens 90 Zentimeter
  • Bewegungsfläche vor Sanitärobjekten: 150 mal 150 Zentimeter
  • Duschbereich: 150 mal 150 Zentimeter
  • Brüstungshöhe der Fenster: maximal 60 Zentimeter

Rampen, Lifts und Aufzüge

Personen, die ein barrierefreies Umfeld benötigen, sind in den meisten Fällen nicht in der Lage, Treppen zu benutzen. Daher sind Rampen, Treppenlifts und Aufzüge ein großes Thema. Wenn es allein um das Überwinden von Stufen im Eingangsbereich geht, ist eine Rampe die optimale Maßnahme. Sie darf eine maximale Steigung von sechs Prozent haben und benötigt ein Wendepodest jeweils am Anfang und am Ende (150 mal 150 Zentimeter). Ist die Rampe länger als sechs Meter, so ist ein Ruhepodest in der Mitte der Strecke notwendig.

[Bild: Deutschland, Köln, Rollstuhl im Aufzug #62725747 | BU: Aufzüge dienen der Barrierefreiheit © fotolia.de]

Wenn das Haus mehrgeschossig ist, sollte im Inneren über Treppenlifts und/oder einen Aufzug nachgedacht werden. Für die Planung eines Aufzuges sind folgende Eckdaten zu beachten. Das lichte Maß des Fahrkorbs sollte 110 mal 140 Zentimeter nicht unterschreiten, um Rollstühlen oder Rollatoren genügend Bewegungsfreiheit zu geben. Die Bewegungsfläche vor dem Aufzug sollte 150 mal 150 Zentimeter betragen. Im Idealfall weist sie die gleiche Tiefe auf wie der Aufzugskorb. So haben Personen mit Rollatoren oder Rollstühlen genügend Raum zum Rangieren.

Für einen Privathaushalt kann ein Treppenlift eine – im Verhältnis zum Aufzug – kostengünstige Alternative sein. Dies ist zwar kein großer baulicher Eingriff, bereichert jedoch das Konzept „Barrierefreies Bauen“. Nichts desto trotz sollten einige Vorüberlegungen getroffen werden. So muss zum Beispiel bei einer Eigentumswohnung geprüft werden, ob Gemeinschaftseigentum berührt wird.

Die erläuternde Richtlinie zu Treppenliften bzw. Treppenschrägaufzügen ist die DIN EN 81-40.
Es gibt bei Treppenliften die Varianten Treppenplattformlift, Rollstuhlhängelift und Treppensitzlift. Letzterer ist nicht für Rollstuhlfahrer geeignet, sondern eher für Personen, die – etwa aus Altersgründen – das Treppensteigen nicht mehr körperlich bewältigen können, aber allein auf dem Sitz Platz nehmen können. Rollstuhlhängelifte hingegen ermöglichen den recht unkomplizierten Transport von Rollstuhlfahrern. Selbst in Mehrfamilienhäusern sind sie eine gute und platzsparende Möglichkeit für das Gemeinschaftstreppenhaus. Treppenplattformlifte ermöglichen Rollstuhlfahrern den einfachen Ein- und Ausstieg – auch ohne fremde Hilfe.

Fazit

Jede Umbaumaßnahme sollte gründlich geplant und von Fachleuten durchgeführt werden. Interessant und hilfreich ist es in jedem Fall, sich mit den verschiedenen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen, beispielsweise durch die KfW-Bank, auseinanderzusetzen. Architekten stellen ihre Fachkompetenz unter Beweis, wenn sie ihren Bauherren mögliche Anlaufstellen nennen können.

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