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Oftmals werden bei kleinen bis mittleren Bauvorhaben Architekten über alle Leistungsphasen (HOAI 1-9) beauftragt. Bei größeren Bauvorhaben werden fast ausschließlich für Entwurf/Planung, Detailplanung, Ausschreibung und Vergabe sowie die Bauleitung spezialisierte Architektur – und Ingenieurbüros gewählt. Die Vorstellung, dass ein einzelnes Büro, oder einzelner Architekt, wirklich über die entsprechende Erfahrung, das Können, die Kapazitäten und die Zeit verfügt alle Leistungsphasen abzudecken, ist schwer vorstellbar. Seit 2013 gilt nun die neue HOAI ( Honorarordnung für Architekten und Ingenieure ) und diese sieht für die Bauleitung folgendes Honorar vor:Für die Leistungsphase 8 (Objektüberwachung – Bauüberwachung und Dokumentation) mit 32 Prozent für Gebäude und Innenräume, also fast 1/3 des Gesamthonorars nur für die Bauleitung.
Eine Insider Anekdote: Sie kennen die drei Ziele des Bauherrn beim Bauen?
Bei der Planung denkt er immer nur an die Kosten, bei der Ausführung allein an den Termin und nachher ist natürlich nur die Qualität wichtig!
Also hat der Bauleiter, besser gesagt der bauleitende Architekt, die nicht ganz einfache Aufgabe mit dem „schmalen“ Budget in kürzester Zeit ein mängelfreies Objekt zu übergeben.
Natürlich wird ein Bauherr für einen kleinen Anbau, eine Dachaufstockung oder ein EFH keine verschiedenen, spezialisierten Architekten begeistern können, aber schon bei größeren Villen, Gewerbeobjekten und Mehrfamilienhäusern lohnt sich ein kritischer Gedanke. Nebenbei gesagt leisten oft auch reine Bauingenieure, also eben genau keine Architekten, diese bauleitende Phase. Bei ArchitektenScout sind nur ca. 20 % aller Bauherrenanfragen gezielte Nachfragen nach Bauleitungen.
Mit dem kritischen Gedanken meine ich beide Seiten. Oft genug hört man von Kollegen: „Hätte ich doch bloß nicht die Bauleitung übernommen, nur Ärger !“ Verstimmte Bauherren, verärgerte Baufirmen, Rechtsstreitigkeiten, Zahlungsausfälle, Versicherungsfälle bis hin zu physischen und psychischen Krankheiten drohen. Dieser „Ärger“ oder das Stresspotential ist hier auch wirklich besonders hoch, weil eine Bauleitung ein komplexes System darstellt und ich möchte hier nur die größten Störungsstellen aufzeigen:
Bauunternehmen
Ich denke die meisten Probleme entstehen naturgemäß im Umgang mit den Baufirmen. Nicht nur, das diese oft aus ganz unterschiedlichen Regionen kommen und mit völlig unterschiedlichen Firmengrößen, Bauablaufstrukturen und Auslastungen aufwarten, haben sie auch regelmäßig eine gänzlich unterschiedliche Leistungsbereitschaft, Qualitätsverständnis und Termintreue. Darüber macht sich natürlich der Bauherr wenig Gedanken, er hat im Vorfeld eine „preiswerte“ Firma gebunden und achtet nun hauptsächlich darauf, das diese Unternehmen keine Nachträge stellen. Ein Terminplan wird gemacht, der oft genug durch schlichtes Ausfallen eines Gewerks zur Makulatur wird.
Der Bauherr selbst
Immer wieder gibt es Bauherren, die notwendige Entscheidungen nicht herbeiführen. Auch sind Sonderwünsche oder Planänderungen das Ende einer jeden Kosten- und Terminplanung. So kommt das Vorhaben schnell ins Stocken, Pläne werden nicht frei gegeben, Abstimmungen nicht getroffen oder Nachträge nicht beauftragt. Das Verständnis von Bautechnik, Bauabläufen , kaufmännischen und rechtlichen Baugepflogenheiten, sowie deren Priorität ist oft nicht gegeben.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Als Architekt ist man so manches Mal der Meinung, dass das rechtliche System hier doch ein wenig „ungerecht“ ist. Der Bauherr sucht sich einfach aus, ob er die Baufirma oder den Architekten verklagt / in die Haftung nimmt, oder beide gemeinsam. Egal wer den Fehler gemacht hat. Gibt es sowas auch in anderen Bereichen? Der Architekt hat das Gefühl, für alles verantwortlich zu sein ohne auch die entsprechenden Entscheidungsbefugnisse zu haben. Diese hören naturgemäß beim Portemonnaie des Bauherren auf. Egal was und warum etwas schiefläuft, als erstes wird der Bauherr auf Sie zeigen.
Abrechnung der besonderen oder zusätzlichen Arbeiten.
Das Themenfeld ist sehr groß und bietet regelmäßig Streitpotential. Warum sollen Sie nicht mehr Geld bekommen, wenn die Bauzeit durch die Baufirmen verursacht deutlich länger dauert? Wenn Sie ein Pauschalhonorar vereinbarten, sind auch Grenzen der Kostensteigerungen durch Bauherrnwünsche gesetzt (Stichwort: Mindestsatz der HOAI). Wer zahlt, wenn der Baugrund oder die mitzuverarbeitende Substanz sich als anders als gedacht erweist, Firmen gekündigt werden, ein Fachingenieur patzt, arbeiten zurückgebaut, der spätere Endkunde Sonderwünsche und Erklärungsbedarf hat oder Leistungen strittig bleiben? Der Bauherr leider oft nicht.
Wie kann man, als Architekt, trotz aller Probleme in dieser Leistungsklasse Geld verdienen?
Als erstes sollten Sie prüfen ob Sie sich nur mit LP 8 oder auch LP 9, also der Mängelverfolgung während der Gewährleistungszeit, beauftragen lassen. Wenn beides de Fall ist, empfehle ich Ihnen, dies separat zu tun, weil Sie ansonsten Gefahr laufen „nie“ eine Schlussrechnung stellen zu können.
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Dann sollte der Architekt betriebswirtschaftlich überlegen, ob die Bauleitung für dieses Objekt überhaupt Gewinn bringen kann. Dabei würde ich immer von einer Bauzeit ausgehen die 30 % über der geplanten Bauzeit liegt und die kalkulierten Baustellenbegehungen eher zu häufig als zu wenig planen. Nicht enden wollende Baubesprechungen, Bauherren- und Handwerkertreffen und Abnahmebegehungen einplanen. Nun kalkulieren Sie bitte Ihren „Stundenlohn“ oder besser gesagt den Umsatz pro Mitarbeiter/Inhaberstunde den Sie hier planmäßig erreichen möchten.
Bedenken Sie auch die hohen Nebenkosten in dieser Phase, abgesehen von den schier endlosen Fahrten zur Baustelle, den vielen Telefonaten und Kopien.
Die Organisation der Bauleitung ist ein wichtiges Kriterium. Müssen Sie immer alles machen oder kann sich auch Mitarbeiten XY um die Baustelle kümmern? Nutzen Sie möglichst moderne Dienste zur Verarbeitung von Zeichnungen / Bildern / Dateien und Protokollen, damit diese immer online und für alle wichtigen Personen vorhanden und einsehbar sind. Prüfen Sie das Hinzuziehen von Spezialisten. Das wird so gut wie nie gemacht, weil es einem ja auch niemand bezahlt. Aber was sind schon ein paar Hundert Euro für die richtige Beratung bei Entscheidungen die wichtig sind und bei denen viel schief laufen kann. Haben Sie bestimmte Materialien oder Technologien zum ersten Mal eingesetzt? Dann lassen Sie ruhig mal einen anderen Experten drauf schauen. Sind Sie zu 100 % sicher mit den aktuellen Anforderungen an: Gründung, Abdichtungen, Drainagen, Vorhangfassaden, Schall und Wärmeschutz, Flachdächern und Balkonen sowie Tiefgaragen und Haustechnik?
Dieser erwähnte Spezialist muß ja nicht ein Kollege oder Baugutachter sein, oft werden Sie bei den entsprechenden Baufirmen mit Leuten sprechen, die sich in diesem, Ihrem Gebiet sehr gut auskennen. Das müssen natürlich nicht unbedingt die Mitarbeiter der gebundenen Baufirma sein. Bei rechtlichen Problemen auf der Baustelle, auch mal einen Rechtsanwalt ( der bitte auf Baurecht spezialisiert ist ) fragen, wenn man als Bauleiter unsicher ist. Manches kann nicht nur teuer werden, sondern auch in Bereiche führen, gegen die Sie nicht versichert sind.
Die Vorbereitung und Organisation der Baustelle ist also das A und O für eine gewinnbringende Bauleitung. Der „Trend“ zur schlüsselfertigen Herstellung, also zum Generalunternehmer, hat also nicht nur den Charme für den Bauherrn einen besser zu kalkulierenden Vergabepreis zu erhalten und bei Gewährleistungen besser durchgreifen zu können, sondern erspart auch dem einen oder anderen Bauleiter viel Arbeit und macht die LP 8 schnell lukrativ. Der GU muss nur durchhalten.
Wenn der Architekt versiert und gut organisiert ist kann er durchaus auch mit der Bauleitung Geld verdienen, allen anderen rate ich die Finger davon zu lassen oder über die (mit dem Bauherrn abgestimmte) Unterbeauftragung eines spezialisierten Kollegen nachzudenken.
Weitere Informationen zum Thema Objektüberwachung habe ich hier gefunden: http://www.bauleiter-plattform.de .
Bevor Sie also nun den nächsten Bauleitungsauftrag über ArchitektenScout annehmen, prüfen Sie bitte, ob dieser Ihnen einen entsprechenden Gewinn verspricht.
Wie sind Ihre Erfahrungen ? Lohnt sich die Bauleitung ?
Kommentare
Die Aufgaben einer Bauleitung sind umfangreich und anspruchsvoll, diese sollte man nicht unterschätzen.
Ein sehr wichtiger Punkt, wie ich in der PRaxis festgestellt habe und auch hier angeschnitten wird, einmal abgesehen von den Grundvoraussetzungen fachlicher und rechtlicher Art, ist die Unterstützung mit moderner Software zur Baudokumentation, die eine echte Efiizienzverbesserung bringt, damit Leistungen der Bauleitung rentabel angeboten werden können.