Das Passivhaus — eine Übersicht

  • Von Jesco Puluj
  • Veröffentlicht 19. Mai 2015
  • Tags
  • Kommentare 0
  • 1 Stern2 Sterne3 Sterne4 Sterne5 Sterne (2 Bewertungen, Durchschnitt: 5,00 von 5)
Passivhaus (Foto Rob Harrison, Creative Commons)

Passivhaus (Foto Rob Harrison, Creative Commons)

Wenn Sie als Architekt beruflich tätig sind, kennen Sie sich mit den Grundeigenschaften eines Passivhauses bestimmt gut aus. Aufgrund der unaufhaltsamen Beliebtheit des energiesparsamen Bauens lohnt es sich dennoch, sich mit dem Thema noch genauer auseinanderzusetzen um auf die neusten Entwicklungen in diesem Bereich vorbereitet zu sein. Auch wenn immer noch vergleichsweise wenig Passivhäuser gebaut werden sind sie dennoch ein Paradebeispiel für Energie-Effizienz und bieten damit die Möglichkeit viel über nachhaltiges Bauen zu lernen. Wir vom ArchitektenScout haben uns deswegen mit dem Thema Passivhaus näher auseinandergesetzt und präsentieren Ihnen in diesem Artikel die Ergebnisse. Dabei beantworten wir folgende Fragen: Wann darf sich ein Passivhaus auch als solches bezeichnen? Was sind seine Grundeigenschaften? Wie unterscheidet sich die Wohnqualität zu herkömmlichen Häusern? Was sind die Kosten beim Bau und welche Kosten werden langfristig gespart? Wie kann man sich den Bau fördern lassen?

Die Passivhaus-Grundlagen

Unter einem Passivhaus versteht man ein Gebäude, das keine klassische Gebäudeheizung benötigt, da es besonders gut wärmegedämmt ist. Es wird deswegen „passiv“ genannt, weil ein Großteil der benötigten Wärme von passiven Wärmequellen wie Sonneneinstrahlung, Personen und technischen Geräten erzeugt wird. Ein Passivhaus ist demnach ein Baustandard, der in den verschiedensten Gebäudearten angewandt werden kann und auch durch Umbauten oder Sanierungen erreicht werden kann.

In Deutschland bestimmen die Kriterien des Passivhausinstituts Darmstadt, wann ein Passivhaus sich offiziell als ein solches bezeichnen darf. Die Grundkriterien sind hierbei:

  • Der Heizwärmebedarf darf 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr nicht überschreiten
  • Die Heizlast darf 10 W/m2 nicht überschreiten
  • Auch der Primärenergiebedarf, die Luftdichtheit und die minimale Wirkungsgrade dürfen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten

So funktioniert ein Passivhaus

800px-Passivhaus-Querschnitt.svg

Schematische Aufbau Passivhaus (MartinThoma, Creative Commons)

Was das Passivhaus auszeichnet, ist die besondere Wärmedämmung von Wänden, Fenstern und Dach. Diese ermöglicht, dass die Wärme der „passiven“ Wärmequellen wie Bewohnern, Sonneneinstrahlung und elektronischen Geräten zu großen Teilen im Gebäude bleibt und damit ausreicht um die benötigte Wärme zu erzeugen.

Diese Wärmedämmung wird in den Fenstern durch eine dreifache Verglasung sowie mit dem Edelgas Argon erreicht weswegen Fenster in Passivhäusern auch im Winter eine positive Energiebilanz aufweisen können wenn sie nach Süden hin ausgerichtet sind. Zudem wird auf möglichst schmale Fensterrahmen geachtet um den Glas-Flächenanteil sehr hoch zu halten.

Zudem verfügen Passivhäuser über eine besondere Lüftungsanlage, bei der die Frischluft mittels eines Erdwärmetauschers vorgewärmt wird und innerhalb des Gebäudes kaum an Wärme verliert. Die Gebäudehüllen sind darüber hinaus kaum luftdurchlässig, weswegen es bei geschlossenen Fenstern zu keinem Luftaustausch kommt. Auch hier kommt die Lüftungsanlage zum Einsatz, welche die verbrauchte Luft sowie den Wasserdampf abtransportiert, damit die Fenster geschlossen bleiben können um keine Energie zu verlieren. Was die Lüftungsanlage zudem auszeichnet ist ein Gegenstromwärmeübertrager, der die Wärme aus der Abluft in die Zuluft bis zu 95% überträgt ohne die Luft dabei zu vermischen.

Externe Wärme über Heizungssysteme wie etwa eine Gas- oder Ölheizung wird nur bei extrem niedrigen Temperaturen zugeführt und wird mit einem elektrischen Heizregister gesteuert, zudem sind elektrische Fliesenheizungen üblich. Deswegen benötigen Passivhäuser auch mehr elektrische Energie als normal beheizte Gebäude. Prinzipiell ist es unerheblich durch welche Quellen der Restwärmebedarf bedeckt wird solange der externe Energiebedarf im Jahr 15 kWh pro Quadratmeter nicht überschreitet. Dabei sollte man bedenken, dass der Energiebedarf von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist und für manche Menschen das Bewohnen eines Passivhauses dementsprechend nicht in Frage kommt. Wenn man als Architekt demnach mit einem potentiellen Bauherren zusammensitzt, sollte man dafür sorgen, dass sich dieser bewusst macht, was für eine Raumtemperatur er etwa in dem spezifischen Fall erwarten kann. Zudem muss er eventuell sein Verhalten in Bezug auf das Lüften des Hauses ändern.

Konstante Innentemperatur

Auch wenn man ein Passivhaus nicht nach Belieben anheizen kann wie ein normales Haus ist die Raumtemperatur eines seiner Stärken. Diese ist nämlich unabhängig von der Jahreszeit in allen Räumen konstant, was vor allem an der ausgeklügelten Wärmedämmung liegt. Deswegen ist auch keine Klimaanlage erforderlich. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Menschen die eine Variation der Temperatur je nach Raum bevorzugen. Auch hier ist es Aufgabe des Architekten im Vorhinein zu klären, inwiefern der zukünftige Bewohner sich in dem Haus wohl fühlen wird und ob spezielle Änderungen wie etwa eine elektrische Fliesenheizung vorgenommen werden müssen.

Hohe Luftqualität

Aufgrund der kontrollierten Wohnraumlüftung ist die Luftqualität in einem Passivhaus besonders hoch, was an den sensible Luftfiltern liegt. Wie schon beschrieben fungiert die Luft auch als Heizung, da ihr die Wärme der Abluft zugeführt wird und auch die Luftfeuchte kann reduziert werden.

Die Kosten von Passivhäusern

Die ausgefeilten Technologien von Passivhäusern haben sicherlich ihren Preis, weswegen der Bau auch 5-15% teurer ist als bei Häusern, die keine besonderen Energiestandards verfolgen. Wird ein Haus saniert um dem Passivhaus-Standard zu entsprechen, betragen die Sanierungs-Mehrkosten auch meist um die 15%. Langfristig amortisieren sich die Mehrkosten jedoch da durch Einsparung von bis zu 75% an Heizenergie, die Energie-Ausgaben besonders niedrig sind. Darüber hinaus muss kein Kamin eingebaut und gereinigt werden und auch der Bau von Heizungs- oder Brennstofflagerräumen entfällt.

Die Mehrkosten entstehen vor allem durch die Materialkosten der Wärmedämmung, die dreifach-verglasten Fenster und die Lüftungstechnik sowie Wärmerückgewinnung. Darüber hinaus entstehen Kosten wenn zusätzliche Heizenergie durch eine strombetriebene Wärmepumpe hinzugefügt wird—diese Kosten sind allerdings weitaus geringer als herkömmliche Heizungskosten. Auch die Warmwasser-Erzeugung mittels Durchlauferhitzer verursacht Kosten durch den Stromverbrauch, hinzu kommen Stromkosten falls eine elektrische Fliesenheizung zum Einsatz kommt.

Fördermittel

Durch die höheren Baukosten von Passivhäusern sind viele Bauherren auf Zuschüsse und Darlehen angewiesen, die in den meisten Fällen problemlos aus öffentlichen Mitteln erhalten werden können. Die erste Anlaufstelle ist hierbei die KfW Förderbank. Sie vergibt Zuschüsse und Kredite im Rahmen ihres Programms „Energieeffizient Bauen“, darüber hinaus bieten die Länder regionale Förderprogramm an, wie etwa proKlima (Hannover) oder auch über die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

Weiterführende Links

Wenn Sie sich mehr über energieeffizientes Bauen interessieren, dann schauen Sie doch mal in unseren Artikel Zehnkampf Solares Bauen rein.

Falls Sie nachschauen wollen, ob es ein Passivhaus in Ihrer Nähe gibt dann schauen Sie mal in die Passivhaus-Datenbank rein.

Und noch mehr Infos zum Thema Passivhaus gibt es in der Passipedia.

Haben Sie schon Erfahrungen mit dem Bau von Passivhäusern gemacht? Wir sind neugierig auf Ihre Erfahrungen!

Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Unsere Datenschutzerklärung findest Du hier. Dort kannst Du auch das Akzeptieren von Cookies widerrufen!

Schließen