Büro mit generalistischer Position
Das Architekturbüro gmp fand 1965 durch die Gründungspartner Volkwin Marg und Meinhard von Gerkan in Hamburg seinen Ursprung. Heute zählen vier weitere Partner zu der Führungsriege des Büros. Darüber hinaus ist ein Partner für China sowie elf assoziierte Partner hinzugekommen. Allein diese Besetzung zeigt die Internationalität des bekannten Büros, das insgesamt über 500 Mitarbeiter hat – sowohl im In- als auch im Ausland. Trotz der Vielzahl an Beteiligten definieren von Gerkan und Marg die Autorschaft der mittlerweile mehr als 370 realisierten Bauten. Ihre bekannten Namen sind längst zur Marke geworden, was ihrem Renommee und der Auftragslage mehr als zuträglich ist.
Frühes Finden der eigenen Handschrift
Dieses Status konnten die Architekten erreichen, weil sie sich bereits früh in ihrem Schaffen eine eigene, unverwechselbare Handschrift zugelegt haben. Stets haben sie eine fundamentale Einfachheit der Form angestrebt und folgen diesem entwerferischen Alleinstellungsmerkmal konsequent. Diese Linie entstand nicht von ungefähr, sondern ist in der Historie der Architekten begründet. Als junge Hochschulabsolventen wurden von Gerkan und Marg geprägt von den Eindrücken der Architektur aus der Zeit des Wirtschaftswunders.
Ein bezeichnendes Erlebnis aus dieser Phase war die architektonische Präsentation der jungen Bundesrepublik auf der Weltausstellung in Brüssel 1958. Hier nutzten die Architekten Egon Eiermann und Sep Ruf die Gelegenheit, um gestalterisch aus dem Schatten der pompösen NS-Architektur von Albert Speer herauszutreten. Sie schufen ein Gebäude, das mit großen Glasflächen und weiß gestrichenen Stahlstreben durch Zurückhaltung, Leichtigkeit und Eleganz bestach. Es war ein Sinnbild für das Abschütteln der dunklen, schweren Vergangenheit Deutschlands.
Das Erleben dieser Zeit war die Schule der gmp-Gründer: Auf dieser Grundlage entwickelten sie ihren eigenen Stil, in dessen Zentrum eine elementare konstruktive Logik steht. Stahl und Glas sind − möglicherweise der frühen Prägung geschuldet – nach wie vor die favorisierten Werkstoffe von gmp. Ein einprägsames Beispiel für die allgegenwärtige Reduktion sowie das Verwenden einfachster Materialien ist der Christus-Pavillon, entworfen für die Expo 2000. Insbesondere im Kontext der christlichen Lehre schafft die Lichtinszenierung, flankiert von Marmor, beschichtetem Stahl, Sichtbeton und Glas eine besonders kontemplative Anmutung.
Christus-Pavillon, Foto: Gerd A. T. Müller, © Creative Commons
Durchbruch zu einer großen Karriere
Den Durchbruch zu ihrer Karriere bescherte gmp der 1. Platz im internationalen Ideenwettbewerb „Flughafen Berlin-Tegel, Bauzone Süd“. Er war ausgeschrieben für den Umbau von Tegel zum zweiten Verkehrsflughafen Westberlins. Hier setzte sich das damalige Architektenbüro „von Gerkan und Marg“ gegen internationale Konkurrenz durch und erhielt neben dem Ruhm das Preisgeld von 35 000 Mark. Von diesem Punkt an begann die beispielhafte Karriere der Architekten: Sie haben bis heute über 590 Preise erhalten. Unter ihnen sind über 310 erste Plätze sowie zahlreiche Auszeichnungen für beispielhafte Architektur.
Sportstadien und Verkehrsbauten
Herausragende Projekte von gmp sind die Entwürfe großer Sportstadien. Zur Fußball-WM 2014 in Brasilien plante das Büro sogar drei dieser Megabauten parallel: die Arena da Amazônia, das Estadio Nacional Brasília und das Estádio Mineirão. Hinsichtlich des Entwurfs von Sportstätten sprechen Kenner von einer „durch gmp kreierten besonderen Ästhetik“. Dieser Aussage trägt Rechnung, dass Bauten, deren Dächer große Spannweiten besitzen, von der tief verwurzelten Hingabe der gmp-Gründer an Ordnungsprinzipien profitieren. Diese Veranlagung lässt die Architekten strukturierende Richtlinien kreieren, die es schaffen, große Spannweiten, aber auch Höhen, nicht ermüdend wirken zu lassen. Nicht nur Stadien, sondern auch Verkehrsbauten, wie etwa der Hauptbahnhof Berlin oder der Flughafen Tegel, leben von ihrer dominierenden Geometrie. Neben den großmaßstäblichen öffentlichen Bauwerken, zu denen auch Messe- und Veranstaltungsbauten zählen, beschäftigt gmp sich mit Entwürfen für die Kultur sowie städtebaulichen Studien. Ein Beispiel für Letztere ist die HafenCity Hamburg.
Flughafen Berlin-Tegel
Im Jahre 1965 errangen Meinhard von Gerkan und Volkwin Marg mit ihrem Entwurf für den Umbau des Flughafens Berlin-Tegel im vom Senat von Berlin ausgelobten Wettbewerb den 1. Platz. Was war es, das ihren Entwurf so herausragend machte, dass er sich von 67 anderen abheben konnte?
gmp entwarfen, ihrem Duktus entsprechend, ein geometrisches Ordnungsprinzip. Im Fall Berlin-Tegel entspricht die geometrische Ordnung einem Dreiecksraster. Alle Bestandteile des Flughafens wie Konstruktionen, Fußböden, Treppen sowie die Inneneinrichtung sollten Teil eines Ganzen sein. Bereits an diesem Projekt ist die, im Büroprofil beschriebene „generalistsche Position, die sich für ein Projekt von seiner entwurflichen Idee und deren Realisierung bis hin zum Interieurdesign verantwortlich“ fühlt, ablesbar. Die Planer beließen die Rohbaustruktur des Betons außen und innen sichtbar – der Hang zu simpler Materialität zeigt sich. Logistisch gelungen war auch die Idee, im zentralen Flughafenbereich alle übergeordneten Funktionen zusammenzufassen. Der Flugsteigring hingegen sollte der „dezentralisierten, direkten Abfertigung von Fluggästen und Flugzeugen“ dienen. Neben dem Flughafengebäude planten die Architekten alle Betriebsgebäude, die Infrastruktur sowie die Landschaftsarchitektur.
Olympiastadion Berlin
Das Projekt Sanierung und Überdachung des Olympiastadion Berlin verdanken gmp einmal mehr einem Wettbewerbsgewinn. Der Anlass war Berlins Bewerbung für die Olympischen Spiele 2000. Gefordert war nun eine Komplettsanierung des baufälligen, ursprünglich 1909 von Werner March entworfenen, Stadions in starker Anlehnung an das ursprüngliche Erscheinungsbild. Für gmp bedeutete dies, einen planerischen Spagat einzugehen: in dem Bewusstsein der Propagandamaschinerie, deren Kulisse das Stadion bei den Olympischen Spielen 1936 war. Fernab der Diskussion, welche historischen Anleihen schützenswert seien und welche nicht, galt es, den Denkmalschutz zu berücksichtigen und zugleich alle Voraussetzungen für eine multifunktionale Nutzung zu schaffen. Die Architekten planten notwendige Neubauten unterirdisch und außerhalb des Stadions, um dessen Anmutung zu erhalten.
Ansicht Olympiastadion. Foto: Tüti / pixelio.de
Dach Olympiastadion. Foto: tirot / pixelio.de
Blickfang des modernen Olympiastadions ist das vor dem Marathontor offenbleibende Stadiondach. Auf diese Weise respektiert es die städtebauliche Achse vom Olympischen Platz bis hin zum Glockenturm des Stadions. Das Dach grenzt sich durch die leichte Kragarmkonstruktion und die Materialwahl von der festen Tektonik des ursprünglichen Baus ab. Die transluzente Membran des Daches wird selbst zum Lichtobjekt und besitzt einen hohen medialen Wiedererkennungswert.
Aktuelle Projekte
Derzeit arbeiten gmp Architekten unter anderem an der Umnutzung und dem Neubau eines denkmalgeschützten Gebäudeensembles am Alten Wall in Hamburg. Nach einem Wettbewerbsgewinn plant das Büro die moderne Eingliederung der noch von Hamburgs Oberbaudirektor Fritz Schumacher geplanten Gebäudeensembles rund um das Rathaus.
von Gina Doormann
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