Informations- und Kommunikationstechnologien sind maßgebliche Bestandteile unseres Alltags. Wer einen Zusammenhang zwischen Architektur und Digitalisierung herstellen möchte, denkt zunächst an modernste CAD-Programme und deren Möglichkeiten. Was jedoch bei diesen Gedankengängen regelmäßig viel zu kurz kommt, sind die Entwicklungen in den Bereichen Gebäudetechnik, Gebäudeautomation und Gebäudekommunikationstechnik. Diese technischen Errungenschaften lassen uns heute Häuser bewohnen, die vor wenigen Jahrzehnten bestenfalls Bestandteil utopischer Romane gewesen sind. Dass es eine Gebäudeautomation geben könne, die sich nicht nur an Bedürfnissen der Klimatechnik, sondern an denen menschlicher Bewohner orientiert, war nur schwerlich denkbar. Ebenso unvorstellbar war die planerische Entwicklungsrichtung, die Architekten heute einschlagen können. Es wird ihnen mithilfe der Gebäudeautomation und -kommunikation möglich sein – und ist es teils schon – Räume zu schaffen, die unsere Sinne auf einfachster Ebene ansprechen und berühren. Das „Internet der Dinge“ hat das menschliche Wohnumfeld erreicht.
Internet der Dinge. © macrovector, fotolia.de
Klima als raumgestaltendes Parameter
Funktionen der Gebäudeautomation, die mit Temperatur und Energie in Zusammenhang stehen, waren die Vorreiter des heutigen Smart Home – sie fanden jedoch keine Anwendung in Wohnhäusern, sondern in der Industrie. Damals wie heute dienen Heizungs- und Lüftungssteuerung in erster Linie dem Energiesparen: In einem weitestmöglich automatisierten Smart Home werden bis zu 30 Prozent Energie eingespart. Sensoren erfassen beispielsweise ein geöffnetes Fenster, während die Heizung in Betrieb ist – sie wird abgeschaltet. Wird das Fenster oder die Tür wieder geschlossen, nimmt auch der Heizkörper seinen Betrieb wieder auf. So wird einerseits Energie gespart und andererseits Komfort durch ein stets angenehmes Klima im Wohnraum geschaffen. Weiterhin können Bewohner − vergleichbar mit einer herkömmlichen Zeitschaltuhr − einstellen, wann welcher Raum beheizt werden soll. So ist morgens ein warmes Badezimmer ebenso möglich wie eine vorgeheizte Wohnung am Abend. Es ist sogar – je nach Programmierung der Haustechnik − möglich, seine Heizung von unterwegs via Smartphone zu steuern.
Automatisierte Lüftung
Den Qualitätsanforderungen an Passivhäuser entsprechend, ist im Smart Home der Einsatz automatisierter Lüftung üblich. Hierfür gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder fällt die Wahl auf eine automatisch gesteuerte Fensterlüftung wie oben beschrieben, die zudem durch verbaute Regensensoren vor eindringender Nässe und mithilfe von Bewegungsmeldern vor Einbrüchen schützt. Eine andere, für Passivhäuser favorisierte Lösung, ist eine Lüftungsanlage, die für Frischluft sorgt und gleichzeitig mit Wärmerückgewinnung arbeitet. So ist, bei Einhaltung des zuvor entwickelten Lüftungskonzeptes, für ein optimales Klima im Haus gesorgt.
Intelligente Lichtsysteme
Licht beeinflusst nicht nur unsere Stimmung, sondern auch unsere Gesundheit. Deshalb kommt neben der Temperatur auch der Beleuchtung in dem System Smart Home eine zentrale Bedeutung zu. Ob per Knopfdruck, durch Berührung eines Touchscreens oder weil es im Vorfeld so programmiert wurde: Die Beleuchtung stellt sich auf die Bedürfnisse der Bewohner ein. Mittels miteinander verknüpfter Hausautomatik entsteht ein Zusammenspiel von Innenraumbeleuchtung und Verschattung. Ein Lichtsensor misst die Helligkeit und steuert den Einsatz von Rollläden entsprechend. Bei Dunkelheit schließen sie sich, um die Wärme im Haus zu halten und zugleich Blickschutz zu gewährleisten. Ebenfalls kommen sie zum Einsatz, um die Raumtemperatur bei starker Sonneneinstrahlung konstant zu halten und vor Überhitzung zu schützen.
Diese Möglichkeiten tragen bereits maßgeblich zum Wohlgefühl und zur Energieersparnis bei. Noch angenehmer wird es allerdings, wenn die Haustechnik derart adaptiv arbeitet, dass sie nur die Räume beleuchtet, in denen sich jemand aufhält. Sensoren machen diesen Wohlfühlfaktor möglich. Um Licht als Gestaltungselement des Interior Designs zu nutzen, besteht weiterhin die Möglichkeit, nur ausgewählte Leuchtmittel zeitgleich einzuschalten. So können Bewohner eines Smart Home individuelle Lichtstimmungen schaffen.
Smart Home bedienen. © Brian Jackson, fotolia.de
Das eigene Wohlgefühl steuern
Wer sich entscheidet, in einem Smart Home leben zu wollen, oder sein Eigenheim zu einem solchen zu machen, wünscht sich ein Haus, das den eigenen Vorstellungen von Wohnkomfort vollends entspricht. Hierfür sind im Vorfeld ein paar Entscheidungen zu treffen. Bewohner können sich grundsätzlich für die zentrale oder dezentrale Steuerung ihres Smart Homes entscheiden. Eine zentrale Steuerung besitzt in der Regel ein Display, das aktuelle klimatische Werte anzeigt und zur Einstellung der Automatik dient. Sie besitzt weiterhin den Vorteil, dass sie lediglich zur Inbetriebnahme einmal auf die gewünschten Parameter eingestellt werden muss. So spart sie Zeit und erweist sich durch die gleichmäßige Steuerung aller relevanten Systeme als kostensparender. Wichtig ist bei dieser Variante die Möglichkeit der späteren Erweiterung des Systems.
Die ausschließliche dezentrale Steuerung, mit der sich beispielsweise Heizung und Verschattung unabhängig voneinander bedienen lassen, ist wesentlich zeitaufweniger und durch die partiell wegfallende Automation weniger verlässlich. Hinsichtlich energetischer Gesichtspunkte ist sie somit nicht unbedingt empfehlenswert. Grundsätzliche Aufgaben des Smart Home sollten festgelegt sein.
Smart Home von unterwegs bedienen
Eine letzte Entscheidung ist von Hausherr oder -herrin noch zu treffen, bevor das Zepter an das Smart Home übergeben wird: Soll die Haustechnik via Funk- oder Drahtsystem steuerbar sein? Für das Drahtsystem spricht einzig eine höhere Sicherheit. Ihm Gegenüber steht die Funksteuerung. Nur mit ihr sind Einstellungen via Internet, Smartphone oder Tablet von unterwegs möglich.
Was bedeutet die Smart-Home-Entwicklung für Architekten?
Da die gesetzlichen Vorgaben den anzustrebenden Energieverbrauch reglementieren, haben Planer entsprechend zu agieren. Da Passivhäuser ohnehin mit einem gewissen Maß an Haustechnik ausgestattet werden müssen, bietet es sich sogar an, noch einen Schritt weiterzugehen und Auftraggebern ein Smart Home zu empfehlen. Besteht die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit einem Innenarchitekten, ist mit einem Smart Home das Schaffen des optimalen Wohngefühls denkbar.
von Gina Doormann, freie Journalistin
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