Eigentlich sollte der Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“ (BER) schon 2012 eröffnet werden. Doch zu einer Eröffnung ist es immer noch nicht gekommen und der neue Eröffnungstermin wurde auf Ende 2017 geschoben. Wir vom ArchitektenScout haben uns demnach mit der Frage beschäftigt, was da schief gelaufen ist…
Großbaustelle BER – ein Panne nach der anderen
Mit einer jährlichen Kapazität von 27 Millionen Passagieren sollte der BER ursprünglich die anderen Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld ersetzen. Doch inzwischen gibt es Kritiker, die zweifeln ob der Flughafen jemals in Betrieb genommen wird und ob es nicht sogar günstiger wäre ihn einzustampfen. Schließlich liegt der ursprüngliche Eröffnungstermin schon vier Jahre zurück und die Kosten explodieren weiter. So lag das Budget damals noch bei einer Milliarde Euro – inzwischen werden Gesamtausgaben von bis zu 6 Milliarden bei Bauende erwartet!
Immerhin gibt es jetzt einen Eröffnungstermin, der realistisch erscheint: das vierte Quartal 2017. Doch bei all den Pannen, die der BER schon über sich hat ergehen lassen müssen, wagen wir nicht zur prognostizieren, dass diese Großbaustelle nächstes Jahr wirklich ihr Ende finden wird. Und das obwohl der erste Spatenstich bereits im September 2006 erfolgte.
Was ist also bei diesem Großbauprojekt schief gelaufen? Und warum läuft es immer noch nicht rund?
Planungsfehler beim Brandschutz
Als einer der Hauptgründe, weswegen sich die Inbetriebnahme des BER so verzögert hat, gilt die mangelhafte Handhabung und Planung des Brandschutz.
Aufgrund seiner Größe (320.000 m2 Bruttogeschossfläche) benötigt der BER eine besonders aufwändige Brandschutzanlage. Zu ihr gehören um die 16.000 Brandmelder, Zu- und Abluftkanäle von mehreren Kilometer Länge und über 50.000 Sprinklerköpfe. Die Komplexität der Anlage überforderte die beauftragten Unternehmen offenbar, denn an ihr scheiterte der ursprüngliche Eröffnungstermin des 3. Juni 2012. Klaus Wowereit, der damalige Aufsichtsratsvorsitzende meinte dazu: „Es sind die namhaftesten Technikfirmen beteiligt, die namhaftesten Prüfer und Planer. Da muss es auch mal eine Verantwortung dafür geben, dass all diese wunderbaren Unternehmen auch mal in der Lage sind, eine Entrauchungsanlage hinzukriegen“.
Baumängel
Die Brandschutzanlage ist nicht der einzige Baumangel, der zu starken Verzögerungen beim BER führte. Jahrein jahraus wurde über neue Fehler am Bau berichtet. So waren etwa Rolltreppen zu kurz, Bäume wurden falsch gepflanzt, Treppengeländer wurden falsch montiert und die Notstromversorgung war mangelhaft. Bereits 2013 soll es um die 75.000 Baumängel gegeben haben und die Pannen gingen munter weiter:
- Die Raumnummerierung des gesamten Terminals wurde falsch angelegt
- 35 Kilometer Kabel mussten neu verlegt werden
- Aufgrund von zu schwerer Rauchgasventilatoren musste wegen Einsturzgefahr ein Baustopp verhängt werden
- 600 Wände mussten eingerissen werden, weil ihre Funktion als Brandschutzwände nicht erfüllen konnten
- Es wurden zu wenige Gepäckbänder geplant
Eine ausführlichere Mängelliste ist auf Welt.de zu finden.
Noch immer nicht in Betrieb: BER (spinhall, via Flicker, CC)
Mangelhafte Management-Strukturen
Der BER ist bekanntlich nicht das einzige deutsche Großbauprojekt, das mit dem Eröffnungstermin hinterherhinkt. Ein häufiger Fehler sind mangelhafte Management-Strukturen und generelle Fehler in der Personalplanung. Rainer Schofer, Leiter des Verbands der Projektmanager in der Bau- und Immobilienwirtschaft, verdeutlicht inwiefern dies beim BER zu den vielen Verzögerungen geführt haben kann. So hat die Stadt Berlin den Fehler begangen, zu Beginn des Baus keine Projektgesellschaft zu gründen, die sich um BER allein kümmert. Stattdessen begann der Bau unter Leitung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg – die allerdings schon mit dem Betrieben der anderen beiden Berliner Flughäfen beschäftigt war.
Dass die Besetzung des Managements alles andere als optimal ablief, beweist die Tatsache, dass im Aufsichtsrat in den letzten Jahren ein ständiges Kommen und Gehen herrschte. Dies bedeutet nicht nur, dass einige Beteiligte des Bauprojekts nicht die nötigen Kompetenzen vorweisen konnten sondern auch, dass eine stetige Unruhe herrschte.
Wir werden nie wissen, was sich alles konkret hinter den Kulissen abgespielt hat, aber Tatsache ist, dass ein Großbauprojekt ohne verlässliche Führungskräfte nicht funktionieren kann.
Ein Beispiel für die Problematik im Management zeigt sich in der Verschiebung des ursprünglichen Eröffnungstermins vom 3. Juni 2012. So wurde die Verschiebung übertrieben kurzfristig kommuniziert – noch zwei Monate vorher waren die damaligen Geschäftsführer Rainer Schwarz und Manfred Körtgen davon ausgegangen, den Termin eingehalten zu können. Klaus Wowereit dagegen räumte ein: „Wir hätten das schon im Dezember verschieben müssen, das wäre so ein Punkt gewesen, wo man hätte die Notbremse ziehen müssen.“
Letztlich wurde der Termin 3 Wochen vorher abgesagt… Dieses hin und her offenbart, dass es erhebliche Problem bezüglich interner Absprachen und Kommunikationswege gab. Ein weiterer Fehler, der aus dem Großbauprojekt ein Pannenprojekt werden ließ.
Als ob das alles schon nicht unangenehm genug gewesen wäre, wirbelte dir Affäre um die geplatzte Eröffnung die komplette Führungsetage durcheinander. Der verantwortliche Architekt des BER, Meinhard von Gerkan samt der beteiligten Planungsgemeinschaft PG BBI wurde gefeuert. Gerkan ist überzeugt, dass das Debakel nicht ihm in die Schuhe geschoben werden darf. Zum Thema Brandschutzanlage kommentiert er: „Wir haben für unsere Bauten 80 Architekturpreise gewonnen, keine Entrauchungspreise.“
Dies ist einmal mehr Beleg für die mangelnde Kommunikation. Offenbar war nicht vom Vorhinein klar, dass die Brandschutzanlage kompliziert werden würde und demnach eine umfassende Planung benötigte.
Problematisch war auch, dass sich die Gesellschaft zu viel von der Politik hereinreden ließ und es so ständig zu Planänderungen kam. So wurden z.B kurzfristig Gedäudeteile umgebaut oder Ladenflächen ausgeweitet, was das Gesamtkonzept jedesmal durcheinander brachte.
Keine Rückhalt von der Bevölkerung
Schon bevor der Standort des BER überhaupt festgelegt worden war, hatten sich schon mehrere Bürgerinitiativen gegen seinen Bau geformt. Die Hauptargumente waren die hohe Belastung durch Schadstoffe und Fluglärm.
Die Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht wurden jedoch abgewiesen.
Die Imtech-Affäre
Der Hauptausrüster des BER war die Gebäudetechnikfirma Imtech. Doch diese ist nicht nur in einen Korruptionsskandal verwickelt sondern musst in Deutschland inzwischen auch Insolvenz anmelden. Alles in allem also großes Pech für den BER – doch was ist da genau passiert?
Ein BER-Mitarbeiter soll dem damaligen Deutschlandchef von Imtech gegen Geld angeboten haben, für schnellere Auszahlung an die Baufirma zu sorgen. Überhaupt hat Imtech schon seit Jahren einen schlechten Ruf, weswegen schon vor einem Jahr gefordert wurde, den Ausrüster zu feuern. Der damalige Flughafenchef Hartmut Mehdorn wehrte sich allerdings: „Wir dürfen Imtech nicht auf der Baustelle verlieren. Der Schaden wäre enorm.“
Zwei Monate später, im August 2015 kam dann der Paukenschlag: Imtech musste Insolvenz anmelden. Wenige Monate später wurde der deutsche Ableger an die Bremer Gustav Zech Stiftung verkauft, der einwillgte 3000 der 3600 Mitarbeiter zu übernehmen. Glück im Unglück also für den BER. Ein Sprecher verkündete: „Nach heutigem Stand wird die Vorgehensweise für den Berliner Flughafen keine weiteren Verzögerungen ergeben.“
Wir schreiben jetzt das Jahr 2018! Wann ist es denn endlich soweit? Wer kann diesen Katastrophenbau noch verantworten, verschluckt zig Milliarden unserer Steuergelder und wir können nichts dagegen tun.