Olympia 2024 in Hamburg – Architektur und Stadtplanung

21. März 2015: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) gibt sein Go für Hamburg. Die Hanseaten dürfen sich stellvertretend für die Bundesrepublik als ausrichtende Stadt bewerben. Seitdem ist das Thema zwischen Alster und Elbe an der Tagesordnung. Das ist kein Wunder – schließlich hat das Ausrichten einer Olympiade große Auswirkungen auf die Menschen in seiner Umgebung. Stadtbild und Infrastruktur verändern sich nachhaltig, große Geldsummen werden investiert und das „kleine“ Hamburg stünde im Rampenlicht der Weltbühne.

Luftbild Olympia Hamburg

Luftbild (c) Architekturdarstellung im Auftrag von gmp-architekten Hamburg

Die Diskussion in Hamburg ist seit der DOSB-Zusage überwiegend von drei Punkten geprägt:

Olympischer Gedanke und Vorfreude
Kosten als Belastung für die Steuerzahler/Gentrifizierung
Städtebauliche Eingriffe am Kleinen Grasbrook/Architektur der olympischen Bauten

Da architekten-scout.de ein Architekten-Blog ist, geht dieser Artikel natürlich auf die ersten beiden nur kurz ein. Nicht zu vergessen ist jedoch, dass diese Aspekte zweifelsohne Auswirkungen auf den dritten haben!

Punkt 1: die Vorfreude

Begeisterte Menschen sind ganz klar wesentlich einfacher von einem Projekt – vor allem einem so großmaßstäblichen wie Olympia – zu überzeugen. Städtebau- und Architekturinteressierte haben daher guten Grund, auf die Umsetzung spannender Pläne zu hoffen: Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz spricht von 4000 freiwilligen Helfern, die sich schon jetzt bereit erklärt haben, die Spiele zu unterstützen. Die Entscheidung des DOSB zwischen Berlin und Hamburg im März fußte vor allem auf der Olympia-Begeisterung der Bürger. Das Ergebnis einer Telefonumfrage spricht für sich: 64 Prozent der befragten Hamburger wollen die Olympischen und Paralympischen Spiele in Hamburg. Ein endgültiges Ergebnis wird jedoch erst ein Referendum am 29. November liefern.

Punkt 2: die Olympia-Kosten als Belastung für den Steuerzahler/Gentrifizierung

Wenngleich die Zahl der Begeisterten überwiegt, gibt es natürlich auch Gegenstimmen. Ihr Hauptkritikpunkt sind die horrenden Kosten, die sie als Steuerzahler über Gebühr belasteten. Genaue Summen sind noch nicht bekannt, jedoch werden sich allein die Kosten für die Bewerbung laut Hamburger Abendblatt in den nächsten zwei Jahren auf schätzungsweise 50 Mio Euro belaufen. Allerdings werden diese nicht von Hamburg allein getragen. Die kommenden Kosten können derzeit nur geschätzt werden – der Senat will im Spätsommer seine Kostenschätzungen präsentieren. Doch zieht man London 2012 als Orientierungshilfe heran, wird klar, dass die Ausgaben auf jeden Fall sehr hoch werden: Olympia 2012 kostete ca. 13,5 Milliarden Euro.

Kritiker befürchten nicht nur zu hohe Kosten, sondern sorgen sich zudem über die Auswirkungen der baulichen Eingriffe, sobald die Spiele vorüber sind. Auf ihrer Seite ist die Partei Die Linke. Sie befürchtet eine Verschärfung der sozialen Spaltung in Hamburg und wolle die NOlympia-Kampagne unterstützen. Sie werde daher beim Volksentscheid am 29.11.15 mit „Nein“ stimmen. Zuständig für die Finanzen ist übrigens die Olympia-Bewerbungsgesellschaft: Sie tagte am 06.07.15 zum ersten Mal. Hierzu war auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière vor Ort. Zum Vorsitzenden wurde DOSB-Präsident Alfons Hörmann gewählt.

Nicht zuletzt der Hamburger Sportsenator Michael Neumann geht davon aus, dass die Spiele durch „kostenstabiles Bauen“ im Budgetrahmen bleiben werden. „Kostenstabiles Bauen“ bedeutet, dass bei für städtische Großbaustellen Kostenpuffer von Beginn an einkalkuliert sind. Man habe aus dem Projekt Elbphilharmonie gelernt.

Punkt 3: Städtebau und Architektur

 Lageplan Erschließungskonzept © Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Lageplan Erschließungskonzept © Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Wenngleich Hamburg noch keine endgültige Zusage für 2024 hat, läuft die Planung der Sportstätten bereits auf Hochtouren. Und in diesem Punkt setzt die Hansestadt auf Größen der Architektur. Die HafenCity Hamburg GmbH hat acht international renommierte Büros sowohl mit dem Erstellen eines städtebaulichen Masterplans als auch der Kostenermittlung für den Zeitraum der Olympischen Spiele beauftragt:

– KCAP Architects&Planners, Rotterdam
Das niederländische Büro für Architektur, Stadtplanung und -entwicklung wurde 1989 gegründet. Umgesetzte Projekte waren z. B. Masterpläne für den Dublin Airport City, die Science City in München-Garching – und eben für die HafenCity Hamburg.

– gmp international, Hamburg
Das international tätige Büro gmp – Architekten von Gerkan, Marg und Partner hat seinen Sitz in Hamburg. Gmp ist Experte, wenn es um den Bau von Stadien geht: Das Büro plante beispielsweise das Estádio Mineirão (Estádio Governador Magalhães Pinto) für die Fußball-WM 2014, baute das Olympiastadion in Berlin um und zeichnet verantwortlich für das Stadion Arena da Amazonia, ebenfalls Brasilien.

– Arup, London
Das britische Büro ist disziplinübergreifend aufgestellt. Mit seinen Designern, Planern, Ingenieuren, Beratern und Technikspezialisten trug es bereits zur Planung der Infrastruktur für die Olympischen Spiele 2012 in London bei. Hierfür stellten sie frist- und budgetgerecht die Bahnstrecke High Speed 1 fertig.

– VOGT Landschaftsarchitekten, Zürich
In dem seit 2000 bestehenden Büro sind Landschaftsarchitekten, Architekten, Produktdesigner und Gartenbaufachleute tätig. Vogt plante zum Beispiel das Bundesinnenministerium in Berlin, das am 17.06.2015 eingeweiht wurde.

– WES GmbH LandschaftsArchitektur, Hamburg
Das 1969 gegründete Büro ist mit großmaßstäblichen Projekten so erfahren, dass es sich 1:1 in die „Olympia-Riege“ einreiht. In Bremen plante WES den „Sportpark“ genannten Überseepark, für den Flughafen Berlin Brandenburg BER inszenierte es die märkische Landschaft und auch für die Architektur des Porsche Pavillon der Autostadt Wolfsburg zeichnet das Hamburger Büro verantwortlich.

– Kunst+Herbert Architekten, Hamburg
Das „Büro für Forschung und Hausbau“ wurde 1996 in Hamburg gegründet und ist spezialisiert auf Nachverdichtung und Bauen im Bestand – eine wichtige Kompetenz für eine wachsende Stadt wie Hamburg. Für seine Leistungen erhielt Kunst+Herbert 2014 den Deutschen Städtebaupreis.

– ARGUS, Stadt- und Verkehrsplanung, Hamburg
Was wäre eine Olympiade ohne eine funktionierende Zuwegung? Für eine solche ist ARGUS verantwortlich. Mit Wohngebietserschließungen, Machbarkeitsstudien oder der Neugestaltung attraktiver Straßenräume in Hamburg bringt das Büro die besten Kompetenzen mit.

– Drees & Sommer Projektmanagement, Hamburg
Last but not least muss all das großartige Können gebündelt und konzertiert werden. Ein Büro, dass den Airport City Stuttgart plant oder das Stadtquartier Möckernkiez in Berlin ist für Olympia bestimmt nicht die schlechteste Wahl.
(Quelle: hafencity.com)

Einen weiteres namhaftes Büro holt Hamburg sich mit Albert Speer & Partner (AS&P) für die Planung ins Boot. Es ist nun verantwortlich für die Planung, Koordinierung und Erstellung der Bewerbungsdokumente (Bid Books) beauftragt. Die Frankfurter bilden gemeinsam mit PROPROJEKT eine Arbeitsgemeinschaft, die bis zur Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) im Sommer 2017 sowohl die Qualitätssicherung als auch den gesamten technischen Bewerbungsprozess übernimmt.

Nachhaltigkeit als oberste Prämisse
Dem Hamburger Senat ist der Nachhaltigkeits-Aspekt bei den Planungen für Olympia 2024 immens wichtig. Er betrachtet die Spiele in Hamburg als Motor für die weitere Stadtentwicklung. Daher fußen die Planungen zum Teil auf bereits bestehenden Plänen. Die Absicht der Nachnutzung sei, so ein Architekt des Büros gmp, dass ökonomische und ökologische Aspekte der Nachnutzung bei der Planung der Olympischen Spiele im Vordergrund stünden. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière spricht von einem nachhaltigen Gesamtkonzept.

Nachnutzung: Was ist geplant?

Es sollen, so das Hamburger Abendblatt, 3000 bis 4000 neue Wohnungen auf dem Gelände entstehen. Ein Drittel von ihnen soll geförderter Wohnraum sein – so würde einer reinen „Luxusbebauung“ von Beginn an vorgebeugt. Die prominente innerstädtische Lage begünstigt zudem ebenfalls die Möglichkeit der Nachnutzung. Denn Olympia hin oder her: Hamburg hegt für den Kleinen Grasbrook mittelfristig sowieso stadtplanerische Ambitionen. So soll zum Beispiel das Radwegenetz im Zuge des „Sprung über die Elbe“, also das gefühlt nähere Zusammenrücken der Stadtteile nördlich und südlich der Elbe, ausgebaut werden. Auch die ohnehin neue U-Bahnlinie U 4 wird Richtung Wilhelmsburg ausgebaut werden. Ohne Olympia würde eine der Haltestellen dann eben nicht „Olympic City“ heißen. Eine weitere Neuerung, von der die Bewohner von Hamburgs Metropolregion noch lange zehren können, bezieht sich ebenfalls auf die Infrastruktur. Es ist geplant, die A 7 achtspurig auszubauen.

Es kommt also eine spannende Zeit auf die Hansestadt zu. Auch wenn die Olympiade 2024 woanders stattfinden sollte, liegen die städtebaulichen Pläne bereit und warten nur noch darauf, umgesetzt zu werden.

von Gina Doormann

Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Unsere Datenschutzerklärung findest Du hier. Dort kannst Du auch das Akzeptieren von Cookies widerrufen!

Schließen