Medellin, Kolumbien – mit Architektur Kriminalität bekämpfen

  • Von Jesco Puluj
  • Veröffentlicht 10. Mai 2016
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Wenn es um Innovation im Städtebau geht, ist die kolumbianische Stadt Medellin hierzulande kaum bekannt. Dabei ist die ehemals als „gefährlichste Stadt der Welt“ bezeichnete Metropole ein herausragendes Beispiel dafür, wie mittels Architektur Kriminalität und Armut bekämpft werden kann. Jesco Puluj vom Architektenscout war für Sie vor Ort.

Ein Gondelbahn in der Großstadt Medellin

Eine Seilbahn in der kolumbianischen Großstadt Medellin

Der rasante Aufstieg Medellins

Mit 2,4 Millionen Einwohnern ist Medellin nach Bogotá die zweitgrößte Stadt Kolumbiens. In den 80er Jahren wurde sie zur Heimat des Drogen-Kartells unter Pablo Escobar und damit zur wohl gefährlichsten Stadt der Welt. Heute jedoch ist die Mordrate um 95% gesunken, während der Wohlstand der Stadtbewohner deutlich gestiegen ist. Grund dafür ist jedoch nicht allein der Niedergang des Medellin-Kartells. Vielmehr ist es einer Reihe innovativer Stadtenwicklungs-Projekte zu verdanken, dass die Stadt sicherer als etwa Detroit oder New Orleans ist und sich immer mehr zur Touristenattraktion entwickelt.

Und was noch bemerkenswerter ist: 82 Prozent des städtischen Budgets werden jährlich in soziale Projekte investiert – 400 Millionen Dollar allein für Bildung.

Was sind nun diese besonderen Projekte und was kann mal als Architekt oder Stadtentwickler davon lernen?

Die Seilbahn

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Medellin ist von den Anden umgeben und wie es für lateinamerikanische Städte üblich ist, lebt der arme Teil der Bevölkerung in Baracken an den Hängen. Diese geographische Trennung vom Zentrum der Stadt im Tal erhöht die Abgrenzung der unteren Schichten, weil der Weg zu besser bezahlten Arbeitsplätzen und zu Bildungseinrichtung lang und beschwerlich ist. Die Seilbahn löst dieses Problem. Sie ist direkt an die U-Bahn angeschlossen und ermöglicht somit, dass sich auch die entlegensten Teil der Stadt gut erreichen lassen.

Wichtige und schöne Gebäude in den ärmsten Vierteln

Das Credo des ehemaligen Bürgermeister Medellins, Sergio Fajardo, lautete: „Unsere schönsten Gebäude müssen sich in den Armenviertel befinden“.

Dies hat sich als eine der Geheimrezepte bei Medellins Wiederauferstehung entpuppt. Durch die Errichtung von Bibliotheken, Schulen und Monumenten in den Armenvierteln wird verhindert, dass die unteren Schichten komplett abgeschottet werden. Zudem werden die Viertel durch Touristenströme belebt und die Wasser-, Strom- und Gasversorgung reicht sogar bis in die Slums der Stadt.

Die Leon de Greiff Bibliothek (Omar Uran, Flickr, CC)

Die Leon de Greiff Bibliothek (Omar Uran, Flickr, CC)

Die S- und U-Bahn in Medelin

Das Innovationszentrum der Stadt, Ruta N

Plaza de los Luces

Plaza de los Luces (Foto: Jorge Gomez, Wikimedia)

Der Plaza de los Luces auf dem obigen Bild ist ein perfektes Beispiel für „Soziale Architektur“ oder wie mit Architektur Kriminalität bekämpft werden kann. Einst war hier der Drogenumschlagplatz der Stadt und nicht einmal die Polizei wagte sich hierhin. Dann wurde der Platz zu einer Touristenattraktion umgestaltet, sprich zu einem Ort gemacht an dem man sich wohl fühlt und an welchem es keine dunklen Ecken für krumme Geschäfte gibt.

Die Rolltreppen von Comuna 13

Eine weitere beeindruckende Maßnahme um die Infrastruktur der Stadt zu verbessern sind die Rolltreppen in einer der Außenbezirke der Stadt. Sie decken eine Strecke von 384 Metern ab und sind eine der ersten Freiluft-Rolltreppen der Welt.

Das 5-Millionen Dollar teure Projekt befindet sich in einem der ärmsten und gefährlichsten Viertel der Stadt. Als ich die Treppen besichtigte fühlte ich mich allerdings sehr sicher und war kaum überrascht als ich, oben angekommen, von einem Tourismus-Beauftragten begrüßt wurde.

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Die Freiluft-Rolltreppen Medellins

 

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Dank Überdachung sind die Treppen bei jeder Witterung nutzbar

Die Metro Medellin

Medellin ist die einzige Stadt Kolumbiens mit einer U- und S-Bahn. Sie wurde 1995 eröffnet und befördert tägliche eine halbe Millionen Passagiere. Zusammen mit der Seilbahn und dem für Südamerika typischen flächedeckenden Bussystem sorgt sie dafür, dass die Bewohner nicht auf eigene Autos angewiesen sind. Damit ist sie der Hauptstadt Bogotá einiges voraus, die für ihre hohes Verkehrsaufkommen berüchtigt ist.

Metro_de_Medellín-_Medellin_metroDie S-  U-Bahn in Medellin ( I.D. R.J., Flickr)

Fazit

Die Entwicklung der Stadt lässt sich gut mit den folgenden zwei Bildern zusammenfassen:

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Das erste Bild zeigt eine zerfetzte Statue des kolumbianischen Künstlers Fernando Botero. Bei einem Attentat aus der Drogen-Ära der Stadt mit mehreren Todesopfern wurde in der Statue eine Bombe platziert. Botero bestand darauf, die Statue nicht zu entfernen und direkt daneben eine neue zu platzieren (siehe zweites Bild).

Die neue Statue steht somit sinnbildlich für das Bestreben der Stadt, mittels Architektur eine neue Ära einzuleiten, welche die Zeit des Drogen-Kartells abschließen soll. Gleichzeit soll aber auch nicht vergessen werden, dass Kriminalität nach wie vor gegenwärtig ist und die Regierung immer noch mit paramilitären Gruppen und Bandenkriegen zu kämpfen hat.

Insgesamt jedoch habe ich meine Zeit in Medellin als sehr angenehm und friedlich empfunden und war von der architektonischen Vielfalt und Reife wirklich beeindruckt. Somit ist die Stadt ein schönes Beispiel dafür, dass Architektur nicht nur die Aufgabe hat, die Welt schöner und praktischer zu machen, sondern auch die Macht hat, die sozialen Strukturen ein Stadt positiv zu beeinflussen.

Fotos ohne Quellenangaben vom Autor

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